Chroniken » Chroniken VI. - Die Zeit der Toten: Berichte und Erlebnisse vom Hof der Nacht im Jahre 2009
2009.05.16 - Cruor et Caritas: Gedankensplitter
18.05.2009 - 09:16

Die Vergangenheit lässt sich nicht leugnen, sie lässt sich nicht verdrängen, sie lässt sich nicht vergessen.
Vielleicht wenn sie allem den Rücken kehren würde, vielleicht wenn sie sich auslöschen würde? Aber nicht so, nicht wenn sie weitergeht. Und sie geht weiter.

Der Abend voll von Erinnerungen, doch nicht so stark wie erwartet, nicht so präsent. Die Stimmung bei allen friedlich, gut gelaunt. Vordergründig. Die Spannungen nicht so offensichtlich wie sonst.
Doch trotzdem vorhanden, trotzdem sollte es passieren.

Er fand gefallen an dem Messer, das Messer, welches sie immer begleitet, das ihr Sicherheit gibt, zu mindestens die Illusion aufrecht hält. Sie überließ es ihm. Das Messer silbern im Kerzenschein, auf sie gerichtet. Er würde ihr nichts tun, oder? Ihr Vertrauen ist groß, es ist ihre Familie.

Ihre Familie, die Frau auf dem Hof. Was ist so schwer daran sich zu entscheiden? Sie oder ich! So unschuldig, so ängstlich etwas Falsches zu tun. Stehen zu bleiben ist immer falsch, man muss einen Weg wählen. Das machten wir ihr klar. Ich hätte lieber ihr Blut gesehen, doch die Klinge schnitt in den Arm. Blut fließt, so wunderschön, dunkel im Mondschein.

Wen hat sie gesucht, auf wen wartet sie?
Ihr tut es leid, wieder ich, die Blut ließ, ihre Entschuldigung so zuckersüß, wie die Rache.

Noch mehr Blut, sie wurde gebissen. Warum auch immer. Sie war außer sich, nicht mehr sie selbst, wie so oft hat sie die Beherrschung verloren. Doch er half ihr, als sie wieder zu sich kam. Sie scheinen gut zu einander zu passen. Er war anders als sonst, nicht nur mir ist es aufgefallen. Das scheint ihm nicht zu gefallen, das Tier in ihm ließ sich nicht zügeln, die Wut blitzte auf, doch diesmal schien auch er gut gelaunt zu sein.

So viele Erinnerungen, Fragen zur Vergangenheit. Wer war sie, wie starb sie. Was ist ihr Motivation, ein Spiel, doch ohne Ziel, trotzdem ein Gewinner. Wer weiß?
Vergangenheit, Parallelen, erneut der Schmerz, er wird schwächer, aber nicht weniger. Immer wenn ich mit ihr spreche, doch kann ich ihr nicht aus dem Weg gehen.
Sie verträgt es besser, sie ist so unschuldig, so ließ ich sie wieder zu.

Rot, so viel rot an diesem Abend. Das Licht, die Kerzen, die Kleider. Wunderschönes rot. Auch wenn sie es nicht mag, wir werden uns arrangieren. Ich weiß, sie akzeptiert, sie versteht. Endlich.

Das Fest neigt sich dem Ende zu, Symbole, alt, vertraut. Die Wände schmückend, schützen? Warum abhaltend, was kommen will? Sie verstand in diesem Moment, warum nicht kam, was sie erwartete.
So verließ sie die Hallen. Gemeinsam.

Die Vergangenheit lässt sich nicht leugnen, sie lässt sich nicht verdrängen, sie lässt sich nicht vergessen.

Sie hat uns zu dem gemacht, was wir sind.


Saskia


gedruckt am Heute, 07:22
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