Buch der Masken
Asphyx
01.03.2006 - 20:56

Vampir, Haus Khaan

(gespielt von Toby Rudner)

Asphyxia: griechisch ασφυξία, asfixía - die Pulslosigkeit

„I guess, sometimes ... even the devil may cry.”

“Und durch das Feuer wird er auferstehen
zu wandeln unter Lebenden
und unter Toten
seine Faust wird aus Feuer sein
und sein Herz aus Eis
ein Zeitalter der Dunkelheit
wird er bringen“
(orphische Prophezeiung, um 800 vuZ)


Aus dem Tagebuch eines unbekannten Geprägten:

19.12.1995

Heute Nacht geschah etwas Seltsames.

Es war beängstigend, und ich kann es mir nicht recht erklären. Ich tat einen nächtlichen Spaziergang durch den Wald, es fiel ganz leichter Schnee. Ich freute mich darüber, denn es ließ auf eine weiße Weihnacht hoffen. Ich wich vom Trampelpfad ab und schlug mich ein wenig durch das dichte Unterholz.

Nach einer Weile befand ich mich in einem Teil des Waldes, der nur aus Eichen bestand. Ich weiß nicht warum, aber ich erinnerte mich daran, dass ich einmal las, dass die Eiche einst von den Christen als „Baum des Bösen“ angesehen wurde. Im Nachhinein natürlich ist mir klar, dass ich das als Warnung hätte sehen müssen. Ich erreichte eine kleine Lichtung, kreisförmig umringt von Eichen. Seltsamer, fremder Gesang drang an meine Ohren, fast wie das Flötenspiel eines Faunes. Plötzlich verspürte ich eine unnatürliche Hitze. Und da sah ich es. Es hockte in der Mitte der Lichtung und schien die Quelle dieses Gesanges zu sein. Es war zu dunkel um viel zu erkennen, es schien nur wie ein Schatten, dunkler als die umringende Dunkelheit. Meine Angst beiseite schiebend betrat ich die Lichtung und schritt auf diesen Schatten zu. Je näher ich kam, desto größer wurde die Hitze, und auch meine Furcht. Doch meine Neugier war stärker.

Ich ging bis auf ein paar Schritte an dieses Wesen heran. Es schien ein Tier oder Ähnliches zu sein. Dann verstummte der Gesang und das Tier sprang auf und richtete seinen Blick auf mich.

Es war ein Mensch.

Nein, es war kein Mensch, es hatte menschliche Züge, eine weit entfernte Ähnlichkeit, doch seine Haut war überzogen mit schwarzen Äderchen, so weit ich die Haut sah, das Haar schien aus Flammen zu bestehen, und da stand es und blickte mich mit seinen lodernden Augen an. Ja, seine Augen loderten. Die Luft um mich herum schien zu brennen, ich verspürte körperlichen Schmerz. Dann fiel mich dieses Unwesen an. Ich weiß nicht mehr sicher, was dann geschah, mir scheint, ein Feuersturm, aber auch große Lust seien durch mich gefahren. Ich erwachte im Morgengrauen, und fühlte mich sehr schwach und müde, und mir war sehr kalt..

Ich weiß nicht einmal, ob ich das geträumt habe oder nicht. Ich schätze nicht, denn ich habe einen Sonnenbrand. Einen Sonnenbrand im Winter und aus der Nacht.

Ich werde nie wieder in diesen Wald gehen.


Aus: Memoiren einer Bestie, Verfasser unbekannt, Erscheinungsdatum unbekannt; Kapitel 3, Der Hof der Nacht (Auszug):

(...) Manchmal verachtete ich alles und jeden der Anwesenden, selbst jene, die mir am nächsten standen. Manchmal hätte ich fast jedem eine lange und friedliche Existenz wünschen können. Manchmal fühlte ich mich unter ihnen „zuhause“, und manchmal, obwohl ich mitten unter ihnen wandelte, hätte ich mich nicht weiter von ihnen entfernt fühlen können.

Zu jedem Zeitpunkt war ich mir meiner Überlegenheit bewusst, und doch, manchmal fühlte ich mich so unsagbar schwach. Nicht dass man mich falsch versteht, über die unzähligen Jahre war ich nicht ohne Einfluss geblieben, wenn ich jemanden unter meinen Schutz stellte, dann wusste jeder was es hieß, sich an denen zu vergreifen, die ich schützte.

Aber dennoch, manchmal fühlte ich mich verloren wie das kleine Kind das einst auf der Schulter des Offiziers saß, fest im Griff dieses kräftigen Kriegers, lachend, doch ohne Chance der größeren Macht jemals entweichen zu können, durch eigenen Willen. Ich hatte niemals wirklich Verbündete gehabt, außer den Unbenannten, und doch kannte ich sie alle, ihre geheimen Fähigkeiten, ihre Schwächen. Aber ich war niemals einer der Ihren.

Wollte ich das jemals sein?

Manchmal. Ja manchmal sehnte ich mich danach, meine Überlegenheit niederlegen zu können, und einfach einer der Ihrigen zu sein, nicht ich selbst, sondern einfach nur.....einer von Vielen. So sehr ich das auch alles oftmals verabscheute, es gab tatsächlich Zeiten, in denen ich mir gewünscht habe, so etwas wie Trauer oder Liebe empfinden zu können, es kennen zu lernen und zu verstehen. Aber seien wir ehrlich. So wie ich dran bin, ist es bei Weitem besser, als mich durch Dinge wie Trauer oder Liebe ablenken zu lassen. Das habe ich gelernt. Das alles ist nur Ballast. Die einzig wahre Macht ist die der Stärke, der Disziplin, der Kontrolle. Und natürlich der Angst.

Ich kann wahrhaftig sagen, dass niemand mir jemals wirkliche Angst einjagte, außer den nicht greifbaren Ahnen. Und dem Khaan selbst natürlich, auch wenn ich ihm nur sehr selten Auge in Auge gegenüberstand. Seine Macht ist unbegreiflich, ich habe nie ein Wesen solcher Macht erlebt.

Oh, und natürlich ich selbst. Ich glaube ich selbst war in den meisten Fällen der Grund meiner Angst. Ich erinnere mich an diese eine Nacht, als etwas geschah, womit ich niemals gerechnet hätte. Mein Zorn nahm nie geahnte Größen an. Ihr wisst sicherlich was ich meine. Die Medien berichteten noch wochenlang über diese unerklärliche Schneise, diese Schlucht, die in das Gebirge getrieben wurde. Oh ja, das war ich, und ich brauchte nur eine Nacht dafür. Ich hätte diesen ganzen Planeten zerstört, hätte ich die Macht dafür gehabt, so groß war meine Wut. Das war das letzte Mal, das ich Angst vor mir hatte. In dieser Nacht hatte ich, oder irgendetwas in mir, den Rest von mir zerstört. In den folgenden Jahren brachte ich mehr Dunkelheit und Zerstörung als jemals zuvor, und niemand konnte mich stoppen, wahrlich niemand, zu dieser Zeit wagte sich nicht einmal der Khaan selbst, das Wort gegen mich zu erheben. In dieser Zeit sah ich Bocanegra zum letzten Mal. Er blickte mich mit den traurigsten Augen an, die ich jemals gesehen hatte, und die Worte, die er sprach, habe ich niemals vergessen. (...)

(...) Wahrlich ich hatte alles mitgemacht, die großen Höhen und die tiefen Tiefen. Warum ich Euch das alles mitteile? Es kann mich sowieso niemand mehr dafür bestrafen, denn mein Urteil sprach ich selbst. (...)


Aus der geheimen Encyclopaedia Vampirica, Archive des Ordo Arkanum:

(...) Zu Anfang war er eine ganze Weile bekannt als Jonathan oder Tshoijoo, sein voller Name lautete Jonathan Maria Ferdinand von Oppenheim, I.. Mutmaßlich nach seinen leiblichen Eltern, und dem Erbauer der Atombombe. Eine wirkliche Bezeichnung ist nicht bekannt, Gerüchte besagen es sei „Der Erste“ gewesen. Nach einem Zwischenfall mit Mitgliedern seines Hauses wurde der Name in „Asphyx“ geändert. Weitere Bezeichnungen waren (..).

(...) Auch wenn alle Vampire Raubtiere sind, so wirkt Asphyx immer noch um Einiges mehr wie ein Raubtier. Oftmals hat er etwas äußerst Lauerndes an sich. Ich habe nur selten einen so aggressiven Vampir gesehen. Manchmal ist er so furchteinflößend wie fast nichts anderes, aber es wird berichtet, das wenn man viel Zeit mit ihm verbringt, vor allem mit ihm allein, man durchaus sanfte Seiten unter der permanenten Bedrohung entdecken kann.

Kein Zweifel, an seinen Händen klebt das Blut Tausender, eine genaue Schätzung wäre unmöglich. Und doch scheint er von irgendetwas innerlich zerrissen. Was, wird wohl niemand herausfinden. Er ist der Meinung, dass die Hölle in ihm lodert, gleichzeitig weiß er sich allen überlegen. Offensichtlich an ihm sind die fehlende Fähigkeit zu lieben oder zu trauern. Seiner Aussage zufolge wurde es herausgezüchtet.

Das meiste an ihm ist jedoch nach wie vor ein Rätsel. (...)


Asphyx


gedruckt am Heute, 04:51
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