Chroniken » Chroniken II. - Die Zeit des Wandels: Berichte und Erlebnisse vom Hof der Nacht im Jahre 2005
2005.08.13 - II. Akt: Erinnerungen an den Club Louis
18.08.2005 - 10:56

Club Louis…

So viel verbarg sich hinter diesem Namen und hinter diesen dicken Mauern, die nun mit neuem Leben gefüllt wurden. Ein neues Heim für eine Dame von Welt. Ein neues Heim für jene, die ständig hungerten.

Leidenschaft war das Thema des Abends. Und viele Neugierige wurden durch die zarten Zeilen der Dame Camilla angelockt. Die Definition war gefordert von jedem Haus. Doch schien einigen Häusern nicht viel an der Leidenschaft zu liegen. Viel mehr interessierte sie das pulsierende Leben, das hierher gelockt worden war um sich von rhythmischen Bewegungen in den Tod wiegen zu lassen.

Ein solcher Ort war gefährlich und so kam ich allein mit meinem Erwählten Tsu, der mir ein ständiger Begleiter ist. Meine Tochter Angelina, die in letzter Zeit etwas geschwächt ist, da Ihr Erwählter wohl als vermisst gelten muss, ließ ich daheim. Für mich ein harter Schlag, da ich viel Hoffnung in den jungen Mann gesetzt hatte. Sie schien es erstaunlich leicht zu nehmen, aber das war nun mal Ihre Art. Einige schienen Ihre Abwesenheit bemerkt zu haben, so wurde ich doch gleich am Eingang von einer Dame begrüßt, die eifrig nach Ihr fragte. Ich erkannte Sie wieder als eine Gespielin von Angelina auf dem letzten Ball.

Noch völlig in Gedanken und etwas schlecht gelaunt, ließ ich mich auf einer der zahlreichen Sitzmöglichkeiten nieder. Tsu bot sich sofort an etwas Trinkbares zu besorgen um mich abzulenken. Ich nahm dankend an. Am Tisch neben mir saß eine junge Frau, die etwas geknickt vor sich hinstarrte und der meine Anwesenheit sichtlich unangenehm war. Ich war nie sonderlich gut darin, meine schlechte Laune zu verstecken und so besann ich mich darauf, wieder etwas freundlicher zu Lächeln. Als ich sie fragte, wie sie denn auf den Club Louis gekommen sei, antwortete sie etwas distanziert, das sie wohl mit jemanden verabredet wäre. „So also locken sie Ihre Opfer an“ dachte ich bei mir.

Als Tsu zurückkam, hatte er eine Dame im weißen Anzug bei sich, die rege auf ihn einredete und ihn dabei immer wieder berührte. Tsu stellte Sie mir als Lukrezia vor. Sie erzählte mir, dass Sie wohl bei einem der letzten Treffen Tsu um Schutz gebeten hätte. Ich wunderte mich nur, das Tsu mir vorher nur so wenig von dieser Dame berichtet hatte, denn er schien sichtlich von ihr angetan. Diese Dame sollte mir im Laufe des Abends noch Einiges an Kopfzerbrechen bereiten.

So unterhielt ich mich einige Zeit mit Lukrezia und der Dame die immer noch auf ihre Begleitung wartete und erfuhr unter anderem das wohl Lukrezia Gast des Hauses Nekhrun ist, weithin bekannt für seine ausschweifende Art. Nun, jetzt wunderte mich gar nichts mehr und auch das seltsame Verhalten Tsus schob ich auf die Anziehungskraft dieses Hauses. Mir fiel auf, das uns schon eine ganze Zeit eine gewisse Person sehr aufgebracht beobachtete. Der Oberste des Hauses Asmodeus schien argen Anstoß an der Person Lukrezias zu nehmen und schlich wie ein Raubtier die ganze Zeit um uns herum. Als dann zwei weitere Personen zu uns stießen, es handelte sich um einen Sterblichen Buchsammler und um Lyra vom Haus Asmodeus, war ich genug abgelenkt um nicht weiter darüber nachzudenken.

Lyra, dieses zierliche Wesen, das mit ihrer offenen und frischen Art meine Aufmerksamkeit auf sich zog, war eine Person von der ich mir viel erhoffte. Doch ich wollte sie nicht gleich verschrecken und so hielt ich mich fürs erste zurück. Ich spürte, wie die ungezwungene Unterhaltung auch ihr gut tat und so war die Stimmung recht heiter. Doch dann wurde sie von Ihrem Hausherrn zurück gerufen und mir blieb keine Zeit mehr ihr die Fragen zu stellen, die solange schon in mir brannten.

Etwas enttäuscht suchte ich Ablenkung. Und die ließ auch nicht lange auf sich warten. Lukrezia war wohl nicht die Einzigste Anwesende aus dem Hause Nekhrun. Ein hochgewachsener Mann, in einem langen, ledernem Lendenschurz und mit verführerischem Blick weckte meinen Hunger. Nun, er liebte es wohl, Spielchen zu spielen und war sich des Schutzes des Hauses Nekhrun sehr bewusst. Ich ließ mich auf später vertrösten, was vielleicht auch im Nachhinein ganz gut war.

Ich ließ mich alleine an einem Tisch nieder und nippte abwesend an dem Wein, dessen Geschmack ich sowieso kaum wahrnahm, als Lothringus, der Oberste des Hauses Asmodeus, mich mit seiner Begleiterin Lucrezia vom Hause Falcone, in die Zange nahm.

Jedenfalls fühlte ich mich etwas überrumpelt. Dem Herrn Lothringus schien es nicht entgangen zu sein, dass ich reges Interesse an seiner Erwählten zeigte. Etwas ungestüm verlangte er sofort den Grund zu erfahren. Er war wohl der Ansicht das ich seiner Erwählten ein Leid antun wollte, was mich schmerzlich traf, doch was erwartete ich! Er konnte ja nur annehmen, das ich ein weiteres Raubtier unter Raubtieren wäre. Auf viele seiner Fragen konnte ich ihm keine Antwort geben, weil ich sie selbst nicht wusste. Seltsam wie hier Schicksale aufeinander prallten. Ich versuchte Ihn zu beruhigen, was mir nicht völlig gelang, doch er schien etwas besänftigt, da er wohl spürte dass ich die Wahrheit sagte.

Bei dieser Gelegenheit, versuchte ich auch etwas über seinen Zorn auf die Dame Lukrezia herauszufinden, doch die Antworten entzogen sich meinem Verständnis. Es habe wohl etwas mit dem Namen zu tun, der fast der Gleiche war wie der Name der Dame Lucrezia von Famiglia Falcone.

Als er wieder ging und sich auch Lukrezia wieder zu mir gesellte, schien diese doch sehr verändert. Sie trug auf einmal andere Kleider und schien wie ein Vampir auf der Jagd nach jungem Blut zu sein. Sie fand auch recht schnell ein Opfer. Ein junger Musik-Journalist, den sie wohl kannte, kam ihren Trieben wohl gerade recht. Ich sah dem Treiben eine Zeit lang zu, bis mich selber der Hunger übermannte. Lukrezia schien das wohl sehr zu erheitern und sie lenkte ihn ein wenig für mich ab, während ich mich an ihm gütlich tat. Der Club schien etwas auf mich abgefärbt zu haben, denn der Wein konnte es schlecht gewesen sein.

Ich wand mich ab von dem Treiben, um erneut auf Lyra zu treffen, die mir berichtete, dass Sie sogar die offizielle Erlaubnis hätte mit unserem Haus in Kontakt zu treten, allerdings nur unter Anwendung eines Schutzzaubers, der auf Ihrer Stirn prangte. Diese Nachricht war wohl die Angenehmste an diesem Abend und so bat ich Lyra um eine Adresse, damit ich ihr in aller Ruhe unser Problem schildern könne, in einem Brief. Die Entscheidung ob sie uns helfen könnte, läge dann bei ihr.

Irgendwann bemerkte ich, dass jemand fehlte. Es war Tsu, den ich schon längere Zeit nicht mehr gesehen hatte. Ich fand ihn, wie immer in eine Unterhaltung vertieft. Als ich ihm von einigen Dingen berichtete, die ich erlebt hatte, platzte er plötzlich mit einer Neuigkeit heraus, mit der ich nun garnicht gerechnet hatte. Er wollte heute, hier und jetzt, Lukrezia bitten seine Frau zu werden. Ich war zutiefst schockiert!

Ich fragte ihn, ob er sich wirklich im Klaren darüber sei, was das bedeuten würde und auch das Lukrezia wohl keine Frau ist, die leicht zu halten wäre. Doch mit seiner stoischen Ruhe erklärte er mir, dass er das alles bedacht hätte. Nun was hätte ich tun können? Es ihm verbieten? Nein das könnte ich nicht. Er musste seine Erfahrungen selber sammeln, aber trotzdem würde ich meine schützende Hand über ihn halten. Also zog ich ihn zu Lukrezia, denn Angriff war vielleicht die beste Verteidigung. Was soll ich sagen, ich glaube wir haben sie etwas zu sehr überrumpelt, aber sie sagte zu meiner Überraschung sofort ja.

So kam es dann, dass Camilla ihren Wettbewerb auswerten wollte und ich kein besseres Beispiel für Leidenschaft wusste, als diese beiden Menschen, die sich an diesem Abend gefunden hatten. Als der Wettbewerb vorbei war und die Gewinnerin (eine Sterbliche mit vortrefflicher Stimme) feststand, war ich froh dass sich der Abend seinem Ende neigte. Es war wohl alles ein bisschen viel für mich gewesen.

Aber es sollte erst so richtig beginnen. Erst bekam ich mit, dass ein Mitglied des Hauses Hardenberg auf dubiose Art und Weise zum Vampir gemacht worden war. Kurz darauf wurden zwei Leichen im Eingangsbereich entdeckt. Nun, für diese beiden armen Geschöpfe konnte ich nichts mehr tun, es war wohl Mord und Selbstmord und Ihre Körper schon längst verlassen. Einer der beiden Toten war der Erwählte des Hauses Nekhrun gewesen, den ich noch kurz zuvor auf der Tanzfläche gesehen hatte.

Jonathan, vom Hause Khaan, schlich sehr auffällig um die beiden Leichen herum und griff sogar einen der Gastgeber an und geriet danach in ernsten Streit mit dem jungen Mädchen vom Ball und der Hausherrin persönlich, die ihn dann letztendlich in die Schranken wies.

Dieser Abend geriet völlig aus den Fugen und so überraschte mich der letzte Schrei nicht mehr wirklich. Tsu kam mir aufgeregt entgegen und erklärte, das es sich wohl glücklicherweise nur um eine gebrochene Hand handele. Ich war froh, an diesem Abend wenigstens noch etwas Erfreuliches tun zu können und so heilten die Wunden eines armen Geprägten, der wohl von der Ungestümen Sophie von Kühn verletzt worden war. Nur seinen Hang zum gefährlichen Absinth konnte ich nicht heilen. Ich hoffte, ihn vielleicht auf den nächsten Treffen wiedersehen zu können, denn langsam wurde der Himmel schon wieder heller und die Lichter erloschen in dem geheimnisvollen Club Louis…


Fey


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