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2.2. Gesellschaft - Häuser, Orden, Einzelgänger
19.04.2004 - 10:45

"Die Gesellschaft ist ein Maskenball, bei dem jeder seinen wirklichen Charakter verbirgt und ihn durchs Verbergen bloßlegt."
(Ralph Waldo Emerson)

Vampire haben im Laufe der Zeit mannigfaltige Gruppierungen gebildet und Familienbande geknüpft.

Die Ursprünge dieser gesellschaftlichen Strukturen sind heute weitgehend unbekannt. Vermutlich führte die enge Bindung des Nachkommen an seinen Schöpfer dazu, dass sich in den frühen Zeiten Familien von Vampiren bildeten, die es bevorzugten in einer Stadt oder einer Region gemeinsam zu siedeln.

Aus diesen Familien entstanden durch Kinder und Kindeskinder die Häuser. Durch das isolierte Dasein der Familien und die allmähliche Zunahme der Vampirzahl in den Familien kristallisierten sich formelle Strukturen in den Häusern heraus, die in vielen Belangen Adelshäusern vergleichbar sind. Manche großen Häuser wuchsen auf über ein Dutzend Vampire an und verweisen heute voller Stolz auf einen Stammbaum mit mehreren Generationen in Folge.

Spätestens zu Beginn der Renaissance machten die ersten Orden von sich reden, Zusammenschlüsse von nicht miteinander verwandten Gleichgesinnten, die einem gemeinsamen Ziel folgten oder einem verborgenen Zweck dienten.

Wenn man sich den Aufbau des Hofs der Nacht bildhaft als ein Tableau vorstellt, dann stellen die Häuser die vertikale Struktur dar, während die Orden die horizontale Querstruktur dazu bilden. Abseits davon stehen die Einzelgänger, jene, die keiner Gruppierung angehören.

Wenn es um die Festlegung der Zugehörigkeit eines Individuums geht, dann gilt am Hof der Nacht die Reihenfolge, erst das Haus, dann der Orden, dann Einzelgänger beziehungsweise Geprägter.

Bei Häusern spricht man in der Regel von Angehörigen (der Familie), in Abgrenzung dazu ist bei Orden von Mitgliedern die Rede.

Über Häuser

Haus ist die formelle Bezeichnung für eine Familie und somit die kleinste Zelle der vampirischen Gesellschaft. Häuser sind autarke, in sich geschlossene, durch das mystische Element "Blut" miteinander verbundene, gesellschaftliche Einheiten.

Das fundamentale Prinzip, welches alle Häuser kennzeichnet, ist das Blut, also die Verwandtschaft.

Meist handelt es sich um einen Vampir und seine Kinder, gelegentlich sogar Kindeskinder. Dazu kommen dann noch eine entsprechende Anzahl Erwählter, wobei diese Zahl in der Regel eher niedrig liegt. Solche Familien siedeln häufig in einer einzelnen Stadt. Manchmal reisen sie aber auch durch die Lande. Insgesamt umfassen solche Häuser meist zwischen 2 und 6 Vampiren und sind höchst individualistisch.

Angehöriger eines Hauses kann grundsätzlich jeder Erwählte oder Vampir sein, allerdings kann man immer nur zu einem Haus gehören. Durch den Akt der Erwählung wird ein Geprägter zum Erwählten eines Vampirs und dadurch automatisch in dessen Haus aufgenommen. Zwar spricht man von Vampirfamilien, aber man kann auch durch einen Bluteid in ein Haus "adoptiert" werden und es kommt auch vor, das jemand aus einem Haus verstoßen wird.

Am Hof der Nacht ist es gebräuchlich eine größere Familie, die mehrere Generationen umfasst, ein großes Haus zu nennen. Diese Bezeichnung ist aber kein formeller Titel und wird oft nicht ganz einheitlich verwendet, da das individuelle Ansehen dabei eine Rolle spielt. Das markantes Kennzeichen solcher großen Häuser ist grundsätzlich, dass es einen oder mehrere Älteste gibt, sehr alte und machtvolle Vampire, die den Dunklen Kuss vor langer Zeit erhielten.

Diese Ältesten sind einigen Fällen bereits vernichtet, sodass das Haus von einem ihrer Nachfahren geführt wird. Andererseits gibt es auch große Häuser, deren Älteste verschwunden sind und die von einer Art Vertreter oder einem Statthalter geführt werden. In der Regel wird aber jedes größere Haus von wenigstens einem bekannten Ältesten geführt. Ihre Namen sind unter den Vampiren teilweise Legende.

Die Kinder und Kindeskinder (teilweise über mehrere Generationen) dieser Ältesten bilden dann diese großen Häuser, die teilweise über eigene Sitten, Gebräuche, Traditionen und eine Vielzahl an Titeln verfügen können. Die großen Häuser gelten oft als 'etabliert' und politisch 'stark'. Sie haben dementsprechend oft eine größere Anzahl an Erwählten. Manche Häuser verfügen über eine regelrechte feudale Hofhaltung.

Viele große Häuser konzentrieren sich auf eine würdige, alte Großstadt. Manche bewohnen zum Beispiel auch eine alte und abgelegene Festung innerhalb einer eher ländlichen Region. Es gibt auch Häuser, die ihre Angehörigen über mehrere Städte verteilt haben. Ein Kennzeichen verschiedener großer Häuser ist, dass sie aus ihrem eigenen Selbstverständnis heraus eine Stadt, eine Region oder gelegentlich auch eine bestimmte Gesellschaftsschicht der Menschen als ihr "Eigentum" betrachten.

Große Häuser haben eine beinahe unendliche Vielfalt an Strukturen, Formen und Sitten hervorgebracht. Typischerweise umfasst ein großes Haus zwischen 6 und 10 Vampiren, sowie meist eine stattliche Anzahl von Erwählten.

Ein typisches Beispiel für ein Haus wären Lestat, Louis und Claudia aus Interview mit einem Vampir. Ein Beispiel für ein großes Haus wäre der Hof der Vampire in dem Roman Vittoro von Anne Rice.

Über Orden

Orden sind das Gegenstück zu den Häusern. Mehrere Gleichgesinnte, die sich um ein spirituelles, philosophisches oder theologisches Konzept (zum Beispiel eine der Todsünden), zur Verfolgung eines Ziels oder aus reinem Überlebenstrieb fest zusammengeschlossen haben, werden als Orden bezeichnet. Ein Kennzeichen von Orden ist, das ihre Mitglieder nicht miteinander verwandt (oder nur teilweise verwandt) sind.

Das fundamentale Prinzip, welches alle Orden kennzeichnet, ist der Gedanke, das Ideal oder Motiv, welches die Grundlage des Ordens bildet.

Manche dieser Gemeinschaften existieren geheim und im Verborgenen. Andere Orden sind offen und ihre Mitglieder allgemein bekannt. Einige Orden habe eine lange Geschichte und Tradition aufzuweisen, andere wiederum sind Erscheinungen der Moderne. Es gibt vielfältigste Erscheinungsformen dieser Verbindungen, und die meisten haben ihre eigenen Regeln, Sitten und Gebräuche. Beispiele sind feste Salons Gleichgesinnter aus unterschiedlichen Häusern, formalisierte Gesellschaftsclubs, okkulte Zirkel und Geheimbünde mit mystischem Hintergrund oder sogar hausähnliche Gruppierungen mit besonderer Stellung am Hof der Nacht. Einzelne Orden senden ihre Mitglieder um die halbe Welt, während andere sich auf eine einzige Stadt konzentrieren. Orden verfügen, je nach Art und Struktur über eigene mystische Besonderheiten und oft auch über eine geheime Gabe.

Während Orden eine Art allgemein üblicher Sammelbegriff ist, gibt es eine Vielzahl von klangvollen Namen, die sie sich selbst geben, zum Beispiel: "Loge, Zirkel, Bund, Verbindung, Zusammenkunft, Geheimgesellschaft oder Gilde". Dies sind aber nur stilistische Spielarten des zugrunde liegenden Motivs.

Die Mitgliedschaft in einem Orden erwirbt man durch eine Form der Aufnahme. Der Akt der Aufnahme ist quasi das Pendant zum Bluteid auf ein Haus. Das bedeutet auch, das eine mystische Verbindung geschaffen wird. Die Vorgehensweise bei der Aufnahme ist ganz individuell und richtet sich nach den Festlegungen des einzelnen Ordens.

Allerdings ist die Mitgliedschaft in einem Orden, im Gegensatz zur mystischen Bindung an ein Haus in der Regel nicht "vererbbar", sie wird also nicht automatisch durch den dunklen Kuss oder durch eine Erwählung weitergegeben. In der Regel kann man nur Mitglied in einem einzelnen Orden sein, aber es gibt in besonderen Fällen auch einzelne Orden nicht exklusiver Natur.

Am Hof der Nacht hat es sich eingebürgert, zwischen zwei Erscheinungsformen von Orden zu unterscheiden. Zum Einen gibt es die informellen Orden, die eher lockere Zusammenschlüsse von Gleichgesinnten sind. Solche Orden erinnern an Gesellschaftsclubs oder Salons mit festen Mitgliedern. Orden dieser Art haben in der Regel keinen exklusiven Charakter, sodass es der Regelfall ist, Mitglied in einem dieser Orden zu sein und gleichzeitig seine Zugehörigkeit und Loyalität zu seinem Haus zu bewahren. Es kommt auch vor, das ein Orden nur sterbliche Mitglieder in Form von Erwählten oder Geprägten hat. Manche informelle Orden, wie zum Beispiel der Ordo Signum, erinnern eher an einen Geheimbund oder gar einen Kult.

Zum Zweiten gibt es auch formelle Orden, die familienähnliche Strukturen haben und deren Mitgliedschaft an Stelle der Zugehörigkeit zu einem Haus tritt. Ein Vampir oder ein Erwählter, der einen Bluteid auf solch einen Orden leistet, verliert dadurch die Zugehörigkeit zu seinem Haus. Solche Orden sind in der Regel gut organisiert und auch am Hof der Nacht allgemein bekannt. Manche dieser Orden sind sehr geheimnisumwittert und ungewöhnlich, wie beispielsweise der Ordo Arkanum oder auch der Ordo Proxima.

Orden umfassen im Allgemeinen zwischen 3 und 8 Mitgliedern, wobei die Verteilung von Vampiren und Sterblichen dabei beliebig und sehr unterschiedlich sein kann.

Das klassische Beispiel für einen Orden ist bei Anne Rice Armands Theater der Vampire in Paris.

Über Einzelgänger

Egal, ob sein Schöpfer durch Feuer oder Sonne vernichtet wurde (vielleicht sogar durch die Hand des Nachfahren) oder ob der Nachkomme vor langer Zeit von seinem Schöpfer durch das Schicksal getrennt wurde – der Einzelgänger ist der klassische, einsame Vampir, der abseits der Familie nach seinen eigenen Regeln existiert.

Das fundamentale, für alle Einzelgänger typische Prinzip, ist der Geist, der entschlossene Wille, das Streben nach Selbstbestimmung und Unabhängigkeit.

Einzelgänger kommen immer wieder vor. Die Gründe für eine Trennung sind ebenso vielfältig wie individuell. Manche brachen einst eines der Gesetze ihres Hauses und sind jetzt auf der Flucht. Manche hatten praktisch keinen Kontakt zu anderen Vampiren, bis jemand in ihr Reich (eine kleinere Stadt oder ein abgelegenes Tal) eindrang. Selbst Unfälle beim dunklen Kuss sollen vorgekommen, sind aber selten.

Den meisten, vor allem den älteren Einzelgängern ist eine starke Persönlichkeit, ein freier Geist und ein starker Hang zur Unabhängigkeit zu eigen.

Man sagt, das Einzelgänger nicht alt werden. Häufig fehlt ihnen das nötige Wissen, die dunklen Gaben oder einfach der Rückhalt einer Familie. Gelegentlich aber gibt es durchaus sehr alte Vampire, denen es gelungen ist, die Jahrhunderte, in relativer Abgeschiedenheit zu überdauern – bis sich ihre Wege mit einem Haus kreuzten.

Reisende Einzelgänger sind das dynamische Element der Vampire. Es ist nicht verwunderlich, dass sie in Gebiete vorgestoßen sind, die den etablierten Familien nicht zugänglich waren. Beispielsweise zog die Neue Welt, Amerika, während der Zeit der Besiedlung manch wagemutigen Vampir auf der Suche nach einer neuen Heimat an.

Einzelgänger sind besonders für Orden oder kleinere Häuser von Interesse, die sie gerne in ihre Reihen aufnehmen. Umgekehrt gibt es eine nicht geringe Anzahl an Einzelgängern, die aus ihrer Familie oder ihrem Orden ausgestoßen wurden. Konservative Häuser hingegen, denen Abstammung und Verwandtschaft viel bedeutet, schauen auf solche "Bastarde" gerne herab oder betrachten sie gar als Bedrohung.

Viele Einzelgänger, die am Hof der Nacht verkehren, schließen sich daher über kurz oder lang unter dem Druck der Gesellschaft einem Haus an. Gelegentlich gelingt es einem Einzelgänger im Laufe der Zeit selbst eine Familie zu gründen und einflussreich zu werden.

Einzelgänger sind höchst individualistisch und verfügen nur sehr selten über eine nennenswerte Anzahl an Erwählten. Manche würden sagen, dass sie auch nicht mehr als einen Erwählten bräuchten. Aber in Wahrheit fehlt es Ihnen schlicht an Macht, Ansehen oder an politischen Möglichkeiten, größere Zahlen an Erwählten für sich zu gewinnen. Nicht wenige Vampire würden sagen, dass das "Reisen mit leichtem Gepäck" eher einen Vorteil als einen Nachteil darstellen würde. Andererseits sehnen sich manche Einzelgänger auf geradezu tragische Weise nach Gesellschaft und Gefährten.

Ein Beispiel für einen Einzelgänger wäre bei Anne Rice Lestat, der Paris verlassen musste und in die Neue Welt ging.


Mercurius


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