Chroniken » Chroniken XI. - Die Zeit des Schnitters: Berichte und Erlebnisse vom Hof der Nacht im Jahre 2014
2014.01.25 - Bloody Promises: Brief an Viviana
25.02.2014 - 09:27

Liebste Viviana,

so will ich Dir heute endlich wieder schreiben, denn nur Dir kann ich mich anvertrauen und Dir mein Herz ausschütten.

Es gab wieder einmal ein Fest, woran ich teilgenommen hatte und was mich im Nachhinein noch eine ganze Weile beschäftigt hatte. Unglaublich, aber dieser Abend begann mit einer Hinrichtung. Der Tod eines Menschen als Verlobungsgeschenk! Das solle man sich mal vorstellen.

Allerdings habe ich wie die anderen auch nur teilnahmslos zugesehen, wie dem armen Mann das Genick gebrochen wurde. Eigentlich ein sehr schneller und gnädiger Tod, wenn ich daran denke, was Dragan mit ihm angestellt hätte, aber lassen wir das lieber. Vielleicht habe ich schon zu viel gesehen, als das mich sein Tod hätte schockieren können oder der Umgang mit ihnen hat mich bereits abgestumpft. Erst sein Nachruf, der mich im Übrigen sehr traurig stimmte, hat mich ein wenig zum Nachdenken bewegt. So wie ich in Erfahrung bringen konnte, wollte er einen Orden gründen, der die Rechte der Menschen am Hofe stärkt oder gewährleistet. Nun, das konnten die Vampire natürlich nicht zulassen. Allerdings war er nicht der Einzige, der sterben musste. Eine junge Frau zu später Stunde traf es ebenfalls. Sie wurde als Blutopfer dargereicht.

Und ich hatte das Gastgeberhaus dieses Abends eigentlich immer als sehr harmlos betrachtet. Ein schwerer Fehler. Sie schafften mit der speziellen Voraussetzung, der Vampire am Fest teilzunehmen eine Atmosphäre, die für die Menschen nicht ungefährlich war. Darüber hinaus wurden die Menschen gebeten freiwillig Blut zu geben, als Spende an Kali oder zu Ehren...
Freiwillig...!
Freiwillig hat in unserem Haus wohl eine andere Bedeutung. Ich weiß, ich bin schon wieder sarkastisch, aber man ließ mir keine Wahl, freiwillig hin, freiwillig her. Denn mit einer blutenden Rose herumzulaufen, war beileibe nicht lustig, wie Du Dir sicher vorstellen kannst. Da konnte ich nur froh sein, dass mein Haus einen so 'exzellenten' Ruf hat und andere Vampire ihre Finger oder vielmehr ihre Zähne von ihren Schutzbefohlenen lassen.

Viviana ungelogen, ich bin langsam an dem Punkt angekommen, wo ich mir ernsthaft Gedanken mache, mein menschliches Leben gegen das eurige einzutauschen. Wenn ich ehrlich bin, ich bin es so leid, immer fortwährend in Angst vor ihnen zu leben. Ständig wird man mit dem Tod bedroht und ganz unter uns ... es macht ihnen auch noch Spaß. Sie weiden sich an der Angst der Menschen und genießen ihre Macht, die sie über sie haben. Jedem Vampir, dem langweilig ist oder dem es gerade in den Kopf kommt, kann dich als Spielball auserkoren. Und die anderen sehen nur amüsiert zu.

Wenn der Zeitpunkt gekommen ist und man mir diese Gunst gewährt, ich werde sie nicht ablehnen. Ein kleiner Restzweifel schlummert zwar immer noch tief in mir, aber er wird vernichtet werden, wenn ich den letzten Atemzug mache und mein Herz aufhört zu schlagen und der Vampir mir mit meinem Blut das Leben genommen hat. Nach dem Erwachen gibt es keinen Zweifel mehr. Wird es mich in dieser Form auch nicht mehr geben! Wenn Du wüsstest, zu was die Vampire meines Hauses fähig sind. Aber dazu ein anderes mal mehr.

Bis dahin werde ich von ihnen lernen, was ich für mein späteres Dasein wissen muss und mich von ihnen unterweisen lassen, aber vorher muss ich es erst einmal schaffen, erwählt zu werden. Das ist zwar kein Garant am Leben zu bleiben, aber man hat einen definitiv besseren Status.

Man sagte mir, dass meine persönliche Korrespondenz allein meine Sache ist. Ich will hoffen, dass weder Emails noch Briefe von mir gelesen werden oder in falsche Hände geraten. Die Geheimnisse, die ich Dir offenbare, würde ich niemand anderem erzählen. Zu keinem Zeitpunkt. Ich hoffe wir sehen uns bald wieder, ... ich vermisse Dich so sehr. Du bist die einzige Bezugsperson zu meiner Vergangenheit.
Und wo wir bei Geheimnisse sind. Sollte man jetzt von mir verlangen, jemand zu töten, ich würde es tun. Nicht so wie diese Erwählte, die mit ihrem Haus bei uns zu Besuch war. Ich verschweige mal lieber ihren Namen, für Dich ist er sowieso nicht von Belangen. Sie hat sich mit allen Mitteln versucht heraus zu reden, als man genau das von ihr verlangte.

Laut würde ich das natürlich nicht verkünden. So wie ich den Hausherrn und seine zweite Persönlichkeit einschätze, würde er sofort wissen wollen, ob ich meinen Worten auch Taten folgen lasse. In dieser Beziehung sind die Vampire meines Hauses doch sehr direkt.

Viviana ich sehe unserer nächsten Begegnung ungeduldig entgegen und falls es Dir irgendwie möglich ist mich in nächster Zeit zu besuchen, so findest Du mich auf Schloss Hardenberg in Velbert.


Deine Sandrine


Iwana


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