Chroniken » Chroniken VIIII. - Die Zeit der Scherben: Berichte und Erlebnisse vom Hof der Nacht im Jahre 2012
2012.10.20 - Tango Notturno: Eindrücke
29.10.2012 - 11:12

Heute Abend ist endlich der Abend! Ich erlaube mir eine Sekunde der Vorfreude. Ein rauschendes Fest, Musik und Tanz und am Ende des Abends meine Initiation in den Orden, meinen Platz am Hof der Nacht und die Macht Schicksale zu lenken.

Wirkt sich diese Art der Anreise auf die Frisur aus? Es wäre ein Jammer...

Herr und Frau Pfeiffer tanzen, umgeben von Freunden aus Argentinien zu der wunderschönen Stimme der Clubbesitzerin. Der Tango ist langsam, intensiv und kraftvoll. Die Vorstellung der Gäste geht jedoch in einer Aufruhe unter. Die Gräfin statuiert ein Exempel. Vielleicht nötig, in diesem Fall jedoch vollkommen unpassend.

Die wenigsten gratulieren den Frischvermählten zu ihrer Hochzeit… Ein Geschenk, wie es üblich ist, wird noch seltener überreicht. Wo sind hier noch Tradition und Anstand, wenn der heilige Stand der Ehe nicht mehr entsprechend gewürdigt wird?

Der Abend plätschert dahin. Die Chimären beschimpfen die Argentinier, die Argentinier beschimpfen die Chimären. Ich versuche mich bedeckt zu halten. Spreche mit der wundervollen Naomi über ihre Schamanenprüfung. Sie spricht davon, dass man sich fallen lassen muss, die Kontrolle abgeben muss, um so etwas zu überleben. Nun…barbarisch. Aber es hat sich für sie gelohnt. Zum Glück würde der Ordo niemals eine derartig schmutzige Prüfung für Anwärter stellen.

Ich treffe Rupert an der Bar. Der arme, liebenswerte Rupert. Er kann nun wirklich nichts dafür, dass heute Abend mindestens drei Häuser sein Leben bedrohen. Er ist unschuldig. Ich versuche ihm Mut zuzusprechen, sage ihm, dass er durchhalten soll. Niemand tötet einen Boten…

Für einen kurzen Moment trete ich vor die Tür. Jetzt ist es heraus. Heute werde ich im Laufe des Abends geprüft werden. Was, wie, zu welchem Zeitpunkt? Welche Entscheidung soll ich treffen? Werde ich es mit meinem Gewissen vereinbaren können? Ich werde es schon merken, was meine Prüfung ist…seltsame Anweisung… Mir wird schwarz vor Augen. Als ich sie öffne steht Hr. Pfeiffer vor mir. Er fragt mich, ob alles in Ordnung ist und verweist mich an seinen Neffen (?), wenn ich mich weiterhin schwach auf den Beinen fühle... (Tue ich das?) ...ich möchte doch eigentlich tanzen...

Ich lerne Teile des argentinischen Hauses kennen. Wilhelmina ist äußerst reizend und macht mich mit Hr. von Braun bekannt. Tatsächlich der Neffe, wenn auch nicht biologisch. Wir tanzen... Ich registriere, dass er eine geladene und gesicherte Halbautomatik in seiner Jackettinnentasche trägt. Woher ich das weiß? Ich habe keine Ahnung... Faszinierend.

Es wird an diesem Abend zu wenig getanzt. Salvatore ist der einzige Tänzer, der wirklichen Fleiß beweist. Das sich die anderen die Möglichkeit entgehen lassen...tz. Das nicht noch mehr Menschen tanzen ist seltsam. Immerhin ist man auf der Tanzfläche geschützt.

23.30 Uhr: Ich tanze mit Rupert. Er wollte nicht tanzen. Die Waffe von Hr. Braun ist gegen seine Nieren gepresst. Ich bin entsetzt. Wie konnte das passieren? Ich hoffe, dass er schreit, dass er mir die Waffe abnimmt. Ich sage ihm, dass es mir leid tut. Er fragt nach dem "Wieso"? Es schmerzt, dass ich die Antwort nicht kenne...

23.40 Uhr: Man verlangt Genugtuung von den Gastgebern. Ich höre sie diskutieren. Man sagt, die Leidenschaft des Tanzes hätte mich übermannt (Ich bitte Sie...). Man sagt, Rupert hätte mich angegriffen (Rupert? Niemals...). Man sagt, ich hätte ihn hingerichtet und hätte dann versucht zu fliehen. Man sagt, ich hätte die Waffe fachmännisch zerlegt und sie beiseite gelegt um sofort weiter Tango zu tanzen. Man sagt, dass es Notwehr war...

Erneut die Frage nach dem "Warum"... Von Eresh, von der Gräfin, von Haus Hardenberg...
Ich habe einen Unschuldigen getötet. Überall ist Blut. Mir ist übel. Ich trauere um Rupert und um meine Seele. Ich tanze Tango.

24 Uhr: Der Orden verkündet ein neues Paar. Veikko und Frl. Wagner, der in diesem Moment bewusst wurde, dass es anmaßend war zu glauben, man könne das Schicksal lenken...


Frl. Wagner


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