Chroniken » Chroniken VIII. - Die Zeit des Kreises: Berichte und Erlebnisse vom Hof der Nacht im Jahre 2011
2011.10.29 - Tanz der Schatten: Tanz unter Bestien - Kapitel 2
31.10.2011 - 18:03

Das abschließende Gefauche des Hauses Chimaera um somit den Ball zu eröffnen, riss mich aus diesem Schock heraus, und rasch wendete ich mich ab.
Lilith starrte mich ebenso fassungslos an. Natürlich mit einem doch dezenten, fiesen Grinsen auf den Lippen.
Simon war nun ein Vampir. Enttäuschend.

Schnell versuchte ich in Anwesenheit von Astarte das Thema zu wechseln. Irgendwie widerte mich diese Tatsache an. Mein Interesse galt jener Victoria. Was sollte jene Schmach? Astarte klärte dieses Mysterium auf, und somit entschwand auch schon jene Frage in der Kartei: Erledigt!

Marie! Unglaublich... sie war ebenfalls anwesend. Unglaublich... wie hübsch sie heute gekleidet war. Unglaublich wie... nun ja... traurig sie aussah. Immerhin ist jener verängstigte und verstreute Gesichtsausdruck verschwunden, aber statt dessen schien sie nun eine unsägliche Last auf ihren Schultern zu tragen. Dieser Lothringus. Er nutze diese schnell einzuschüchternde Natur von Marie schamlos aus. Deshalb hätte ich gerne einen erneuten Versuch gestartet, sie aus seinen Fängen zu klauen.
Doch zwei Tatsachen hielten mich leider davon ab. Einmal das Zeichen auf ihrer Stirn, der eindeutig die Zugehörigkeit zu Asmodeus aufzeigt, als auch der Zustand, dass sich der mir unbeliebteste Anwesende an diesem Abend näherte. Simon Krieg.
Marie begriff schnell und ließ mich mit diesem... nun ja... Simon alleine.

Es fiel mir sehr schwer, meine Enttäuschung und Verbitterung zu verbergen.
Jeden Satz wählte ich bedacht aus. Er schien hungrig... erschöpft... durcheinander. Und unsäglich klein. Er schaffte es noch nicht mal aufrecht zustehen. Gebeugt und von Schmach gezeichnet.
Es wäre verlogen von mir gewesen, ihm nicht direkt zu sagen, dass ich enttäuscht bin. Er nahm es gelassen hin, fast schon ignorant.
Wir wurden aus dem Gespräch gerissen, was ich nicht gerade bedauerte. Schnell kehrte ich zu Astarte und Sin zurück, wo sich natürlich auch Lilith befand. Schnell waren meine neuen Erkenntnisse im Haus Nekhrun verteilt und ich konnte mich endlich einer Freude widmen: Dem Buffet!

Gut, das Buffet war mir auch nicht vergönnt. Vor jenem stand die Schamanin der Khaaner. Es wäre verdammt unfreundlich gewesen, dieser Vampirin aus dem Weg zu gehen.
Schließlich hatten wir doch interessante Gespräche. Allerdings ließen mich vergangene Geschehnisse, welche mir zu Ohren gekommen waren, Abstand halten zu dem Haus Khaan.
Ich fühlte mich unwohl, denn geschicktes und freundliches Abweisen lag mir noch nie. Weswegen ich auch einem Gespräch zustimmte. Auch wenn ich jetzt schon wusste, dass dies nicht erfreulich enden würde. Für einen von uns beiden.

Ich durfte Essen! Endlich stürmte ich das Buffet und griff beherzt beim Salat zu... als die Nicht-Hyänen-Butler-Klingel ertönte. Verdammt. Man verlangte zu tanzen. Unter wildem Protest meines Magens stellte ich brav den Teller wieder beiseite und stellte mich dem ersten Tanz.

Gut, ich versuchte es zumindest! Es war Damenwahl, und da ich direkt neben einem Vampir stand, der etwas reumütig, so kam es mir zumindest vor, auf die Tanzfläche blickte, bat ich ihn um den ersten Tanz.
Als er mich jedoch anblickte, wandelte sich dieser Blick in Entrüstung. Moment mal... war das... Michael? Michael aus dem Haus Hardenberg? Wieso hatte er die Haare offen? Und weshalb sah er so gequält aus? Ihm zum Tanz zu bitten, konnte ja nun keine all zu hohe Qual sein, oder? Nach einer gewissen Sortierung seiner Contenance traf er einen Entschluss. Sein knappes "Nein" war dann eindeutig und ich versuchte erst gar nicht diesen Umstand
aufzuklären.

Dann war ich es, der verwirrt war. Obwohl Damenwahl war, wurde ich gebeten zu tanzen. Von einer Dame! Wie irrwitzig. Peinlich? In diesem Fall nicht von Belang, da der Traubentritt, oder wie dies heißen mochte, ein Tanz mit wechselnden Partnern war. Schnell huschte mein Blick durch die Reihe der männlichen Tanzpartnern und erleichtert viel mir auf, dass Lothringus sich nicht in meiner Reihe befand. Manchmal hat mich das Schicksal doch lieb.

Herrlich dieser Tanz und herrlich das Gefühl, endlich mal was Essen zu können!
Und diesmal konnte mich auch nichts mehr aufhalten. Umso mehr häufte ich meinen Teller an, denn schließlich war hier einiges nachzuholen. Und was gehört zu einer gutem Essen hinzu? Die richtige Gesellschaft. Welche ich auch hatte. Lilith und Astarte verspeisten mit mir zusammen das herrliche Buffet. Nun gut, einen Teil davon.
Man is(s)t ja nicht unverschämt!
Nach dem mein Magen nun auch seine Zufriedenheit hatte, war mein Blick auch wieder klar für die restlichen Anwesenden an meinem Tisch. Oh, Frischfleisch schoss es mir direkt durch den Kopf.
Vier junge Männer, darunter scheinbar ein Pastor, hatten ihren Weg ebenfalls zu diesem Ball gefunden und letztendlich an unseren Tisch. Ein weitere mühsamer Versuch, den Ungläubigen das Glauben beizubringen.
Ich werde es in Zukunft sein lassen. Diese sich entpuppende Burschenschaft schien sehr an sich zu halten, nicht laut los zu lachen. Na, immerhin!
Beschwingt trat Krieg an den Tisch heran, und ich in meiner Genervtheit in aller höflicher Form, nahm die Bitte um einen Tanz sehr gerne an.
Warum auch immer. Töricht!
Ich verabschiedete mich mit den Worten von den Ungläubigen, einfach die Augen offen zu halten und ein wenig nachzudenken.

Wir tanzten einen Walzer. Ziemlich schwungvoll und herzlichst alleine. Nicht nur das Krieg sehr ungesund aussah und erschöpft, auch diese Tatsache ließ mich erschauern.
Bald begriff ich, je mehr Energie Simon in den Tanz hineinlegte, desto mehr Energie musste er für seine Beherrschung aufbringen, nicht gierig seine Zähne in mich reinzuschlagen.

Verdammt. Ich musste aus dieser Situation raus. Doch Simons Hände umgriffen mich fest und der Schwung war so enorm, dass ich eher sehr sang und klanglos mich entreißen müsste, um den Tanz zu beenden.

Meine Blicke suchten Sin und Astarte. Ich entdeckte ihn. Verzweifelt flehte ich ihn an. Ich brauchte Hilfe. Und zwar jetzt. Mein Blut rauschte in den Ohren, sehr förderlich, wenn man einen hungrigen Vampir vor sich hatte. Sämtliche Nackenhaare stellten sich auf und mein Mut verließ mich stetig. Als Simons Blick nur noch mehr auf meinem Hals kleben blieb, unterbrach ich den Tanz. Es ist besser für ihn und für mich. Vor allem für mich.

Aufgebracht verzog ich mich rasch hinter Sin. Ich zitterte am ganzen Körper. Die Fassung, was immer dies auch sein mochte in jenem Moment, blieb weit weg von mir.

Der Tod kann so nah sein, vor allem wenn man mit ihm Walzer tanzt.


Eresh´Kigal


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